Ja, ich war in Sachen Volkskunde unterwegs. Im närrischen Rheinland … und dann gleich die komplette Faschingswoche. Es war meine Initiation. 54 Jahre habe ich mich erfolgreich gewehrt gegen bestellte Fröhlichkeit. Was war passiert? Und was hat das mit den Wechseljahren zu tun?
Während frau im Klimakterium herumwabert, merkt sie irgendwann, wie endlich das Leben ist. Ausgerechnet in dieser Zeit, in der wir so sehr mit uns selbst und unserem Körper beschäftigt sind, werden die eigenen Eltern alt, schwach und oft auch pflegebedürftig. Wir sind viel mit deren Älterwerden und Sterben beschäftigt. Das hat oft Vorrang vor dem eigenen Leben und ich habe mich oft gefragt, warum passiert das gerade jetzt, wo mein Körper und meine Psyche mit jeder Pore nach Aufmerksamkeit schreit? Zudem stecken wir voll im Beruf und bei den Müttern unter uns lechzen die Kinder auch noch nach absoluter Aufmerksamkeit.
Puh!!! Was hat das Leben uns da auferlegt?
Nachdem meine Eltern gestorben sind – und im Wechselspiel mit meinen Wechseljahren -, frage ich mich oft: was will ich noch erleben, was ich bis jetzt noch nicht erlebt habe?
Und plötzlich rief es da in mir: EINMAL rheinischen Karneval feiern, mich ganz und gar, mit Haut und Haaren da hinein begeben. Ich kann ja als Autorin zur Not – auch vor mir selbst – immer noch mein soziologisches Interesse vorschieben. Nach dem Motto: Was ich dort erlebe, verwurste ich ganz bestimmt in einer meiner Geschichten.
Und ich habe ALLES mitgemacht: den Rathaussturm, Straßenkarneval, zwei Umzüge, Faschingsdienstagssitzung und diverse Partys außerhalb der offiziellen Bespaßung. Und dabei habe ich wunderbare Menschen kennengelernt!
Im Klimakterium fallen die Schranken. Ich bin viel eher geneigt mich zu amüsieren, als früher. Als junge Frau habe ich alles in Frage gestellt und war so dermaßen ernsthaft. Ich darf auch weiterhin vieles in Frage stellen und ernsthaft sein und TROTZDEM feiern! Zudem ist so ein Karneval sehr gut gegen depressive Verstimmungen geeignet, die sich seit den Wechseljahren allwinterlich bei mir einstellen.
Volkskundlich bin ich auch schlauer geworden; nachzulesen auf einschlägigen Internetseiten, das muss ich hier nicht exzerpieren.
Ach ja, und Kamelle sind natürlich die Bonbons, die von den Wagen geworfen werden, Strüssjer sind kleine Blumensträuße und Flünz ist Wurst – vorzüglich Blutwurst, auch die wird in die Menge geschleudert, und sichert das eine oder andere Abendessen, wenn frau müde und hungrig nach Hause kommt. Denn den ganzen Tag auf den Beinen und mit guter Stimmung durch die Straßen laufen, steigert den Appetit enorm. War also erst mal nichts mit dem Abnehmen in dieser Woche. Aber mit dem Joggen war ich nah dran ;-).
Anette Schwohl
Alle Achtung, so komplett hab ich mich noch nie in den Karneval geworfen, obwohl ich Kölnerin bin. Wahrscheinlich geht das auch nur ganz oder gar nicht und ich hab mich in den letzten 20 Jahren meist für gar nicht entschieden 😉 Aber vielleicht kommt das ja noch …
In Köln sagt man übrigens Flönz 🙂 Du hast bestimmt in Düsseldorf gefeiert oder?